15.05.2024
Technische Assistenz und KI sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken
Die Akzeptanz bei Menschen mit Assistenzbedarf wächst beständig
Längst haben intelligente Techniken Einzug in unseren Alltag genommen: Sie steuern unsere Haushaltsgeräte und unterstützen unsere Mobilität. Smartphone und Tablet sind unverzichtbare Helfer beim Organisieren, Schreiben, Zeichnen, Filmen, Musizieren und Übersetzen.
Die Medizin nutzt die technischen Entwicklungen längst, um Menschen mit Behinderung den Alltag zu erleichtern. Angepasste elektronische Systeme steuern Rollstuhl, Greifarme, Sprachcomputer und Haustechnik, Exoskelette unterstützen gezielt Menschen beim Gehen, Trainingsgeräte ergänzen therapeutische Angebote und da geht noch mehr: Brain Interfaces als Schnittstellen zwischen Gehirn und Computer sollen zukünftig Hirnsignale übertragen und computergesteuerte Handlungen ermöglichen und werden bereits erfolgreich getestet.
Können humanoide Roboter zukünftig den Fachkräftemangel kompensieren und Menschen mit Behinderung im Alltag unterstützen? Wie bewerten Betroffene diese technische Entwicklung und wie groß ist die Bereitschaft, sich von Technik helfen zu lassen?
Oliver Straub berät als ausgebildeter Peer Counselor bei der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in Deutschland e. V., einem langjährigen Partner der REHAB, Menschen mit Behinderung zu den Themen persönliche Assistenz und persönliches Budget. Er bestätigt:
„Der Wunsch nach einer selbstständigen Lebensführung ist bei vielen Menschen mit Behinderung groß. Technische Hilfen bieten Entlastung und humanoide Roboter könnten als persönliche Assistenten bei täglichen Aufgaben wie Anziehen, Essen, Trinken, Medikamenteneinnahme und persönlicher Hygiene helfen – allzeit bereit und individuell konfigurierbar.“
Als Nutzer eines E-Rollstuhls mit assistiver Steuerung und diverser technischer Programme steht Oliver Straub diesen Neuerungen offen gegenüber. Nach einem Unfall hatte er sich eine Querschnittlähmung im Halswirbelbereich zugezogen und war plötzlich auf ständige Hilfe angewiesen. Er berichtet:
„Ich möchte mein Leben selbst gestalten - ohne persönliche Assistenz rund um die Uhr geht das nicht. Dadurch habe ich es immer mit mehreren Personen zu tun, deren Einsatz ich koordinieren muss - inklusive der Probleme bei Ausfällen durch Krankheit und Urlaub. Natürlich schätze ich deren Hilfe und Gesellschaft sehr, aber ich könnte mir eine Unterstützung im Haushalt durch einen humanoiden Roboter durchaus vorstellen, um dadurch die Einsatzzeiten meiner persönlichen Assistenzpersonen reduzieren zu können und mehr Zeit für mich zu haben.“
Seine Skepsis gegenüber humanoiden Robotern hat Oliver Straub abgelegt und kann sich technische Hilfe im Haushalt vorstellen: „Am Beispiel von ChatGPT sieht man, wie schnell sich die Technik entwickelt und was an persönlicher Interaktion bereits möglich ist. Das kommt einem echten Gespräch schon sehr nahe. Warum soll das in naher Zukunft nicht auch bei einem humanoiden Roboter und pflegerischen Tätigkeiten möglich sein?“
Bei der Bewertung von Assistenzsystemen spielen persönliche Erfahrungen, das Alter und die technische Affinität der betroffenen Personen eine Rolle. Der Beratungsbedarf auf dem Weg zur größtmöglichen Selbstständigkeit und Unabhängigkeit ist groß.Oft fehlt es an der Vorstellung und positiven Beispielen, dass da noch mehr geht. „Als Mitbegründer des Netzwerks Assistenztreff kann ich andere Menschen beraten und bei der Suche nach der geeigneten Assistenzkraft helfen, um ihr Leben selbstbestimmter zu gestalten, meint Oliver Straub: „Wer weiß, wann sich der erste humanoide Roboter als Assistenzkraft bei uns bewirbt?“